Zofia Posmysz wird am 23.08.1923 als Tochter eines Eisenbahners in Krakau geboren und wächst im Vorort Prokocim auf. Sie ist 16 Jahre alt als ihre Geburtsstadt von den Deutschen besetzt wird. Unter der Terrorherrschaft der Nationalsozialisten werden die Juden verfolgt und in ein Ghetto gepfercht. Auch die polnische Zivilbevölkerung erlebt Unterdrückung. Beim Besuch illegalen Unterrichts wird Zofia im April 1942 verhaftet und nach wochenlangen Verhören als Widerstandkämpferin in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Im Frauenlager wird sie unter anderem als Schreiberin eingesetzt.
Am 18. Januar 1945 treibt die SS die überlebenden 30.000 Häftlinge von Auschwitz I und Birkenau auf einen Todesmarsch Richtung Westen. Zofia Posmysz erinnert sich an den fluchtartigen Aufbruch:
„[…] Über uns erblickten wir sowjetische Flugzeuge. Ich weiß noch, dass wir uns davor fürchteten, für einen Militärkonvoi gehalten zu werden. Dass Bomben auf uns fallen. Es war bitterkalt, -18 Grad. Woher wir wussten, dass der Marsch nach Ravensbrück führte, kann ich nicht sagen. Ich rechnete damit, dass die Rote Armee uns den Weg abschneidet und wir nirgends hinkommen. Doch leider ist das nicht passiert.“
Im Lagerkomplex Auschwitz ermorden die Nationalsozialisten etwa 1,1 Millionen Menschen, davon ungefähr eine Million Juden. Nur 7.000 zurückgebliebene Häftlinge der beiden Lager werden am 27. Januar 1945 von der Roten Armee befreit. Für Zofia Posmysz endet die Haft erst am 2. Mai 1945, als sie in Neustadt-Glewe, einem Außenlager des KZ Ravensbrück, befreit wird.
Nach dem Krieg verarbeitet Posmysz ihre Erlebnisse in literarischen Werken. Ihr bekanntester Roman, „Die Passagierin“ (1962), erzählt die Geschichte einer KZ-Aufseherin, die auf einem Ozeandampfer eine Polin wiederzuerkennen glaubt, die einst ihre Gefangene in Auschwitz war. Geschrieben aus der Perspektive der Täterin, beleuchtet das Werk deren Rechtfertigungsversuche. „Die Passagierin“ wird in 15 Sprachen übersetzt, vom polnischen Regisseur Andrzej Munk verfilmt und dient in der Sowjetunion als Vorlage für eine Oper von Mieczysław Weinberg.
Bis ins hohe Alter bleibt Posmysz eine engagierte Zeitzeugin, spricht vor Schulklassen und bei Gedenkveranstaltungen. Sie stirbt 2022, kurz vor ihrem 99. Geburtstag.