Niederschlesien im Februar 1945: Todesmärsche und Flüchtlingstrecks

An einem kalten Wintertag Anfang 1945 beobachtet der 10-jährige Hannes Persicke, wie abgemagerte Menschen in gestreifter Häftlingskleidung durch sein Dorf getrieben werden. Es sind Häftlinge auf einem Todesmarsch ins nahegelegene Konzentrationslager Groß-Rosen in Niederschlesien. Bald darauf, am 13. Februar 1945, wird das KZ Groß-Rosen von der Roten Armee befreit.
An einem kalten Wintertag Anfang 1945 beobachtet der 10-jährige Hannes Persicke, wie abgemagerte Menschen in gestreifter Häftlingskleidung durch sein Dorf getrieben werden. Es sind Häftlinge auf einem Todesmarsch ins nahegelegene Konzentrationslager Groß-Rosen in Niederschlesien. Bald darauf, am 13. Februar 1945, wird das KZ Groß-Rosen von der Roten Armee befreit.© Wikipedia

Hannes Persicke, geboren 1934, wächst behütet auf dem elterlichen Bauernhof in Ossig, Niederschlesien, auf. Doch die Idylle trügt: Nur 20 Kilometer entfernt liegt das Konzentrationslager Groß-Rosen, in dem Anfang 1945 mehr als 75.000 Menschen inhaftiert sind und schwerste Zwangsarbeit verrichten müssen. Als die SS die frontnahen Lager auflöst, werden die Häftlinge auf grausame Todesmärsche gezwungen. An einem Wintertag beobachtet der zehnjährige Hannes, wie erschöpfte Häftlinge von der SS durch Ossig getrieben werden. Ein Häftling, der nach Essen greift, wird vor seinen Augen erschossen.

Wenig später erreicht die Front das Dorf. Obwohl viele Ossiger die Flucht ergreifen, bleibt die Familie, bis die Gewalt nach dem Einmarsch sowjetischer Soldaten sie zum Aufbruch zwingt. In Hausdorf im Eulengebirge findet sie vorübergehend Schutz, kehrt jedoch nach Kriegsende im Mai 1945 zurück. Der Hof ist geplündert, und die Familie arbeitet wochenlang daran, ihn wieder nutzbar zu machen.

Ende Juni 1945 wird die Familie von polnischen Behörden ausgewiesen, nur um wenige Tage später von sowjetischen Milizen aus Löwenberg nach Ossig zurückgeschickt zu werden. In den folgenden Monaten werden drei polnische Familien auf dem Hof einquartiert, während die Familie Persicke unter Hunger, Not und Demütigungen leidet. Im April 1946 nimmt sich Hannes’ Vater das Leben. Im Juni folgt die endgültige Vertreibung: Hannes, seine Mutter und Schwestern werden in Güterwagen nach Uelzen-Bohldamm gebracht, wo sie in einem Notaufnahmelager ankommen.