Nechama Drober, geboren 1927 als Hella Markowsky in Königsberg, erlebt als Kind einer christlichen Mutter und eines jüdischen Vaters die Schrecken der nationalsozialistischen Verfolgung. Ab 1935 darf sie keine deutsche Schule mehr besuchen und erlebt die zunehmende Ausgrenzung. Während der Novemberpogrome 1938 sieht sie mit eigenen Augen, wie die Neue Synagoge brennt – ein Bild, das sie nie vergessen wird. 1939 wird ihr der Zwangsname „Sara“ auferlegt, ab 1941 muss sie den gelben Stern tragen. In dieser Zeit hat sie Angst, auf die Straße zu gehen, da ihr und anderen Juden immer mehr Anfeindungen begegnen.
Deportation und Flucht
Im Frühjahr 1942 wird Hellas Schule geschlossen, und sie muss Zwangsarbeit leisten. In den Sommermonaten des gleichen Jahres erlebt sie die Deportationen der jüdischen Gemeinde aus Königsberg, bei denen sie zahlreiche Freunde und Verwandte verliert. Die Szenen des Verladens in Viehwaggons, das Schreien und Weinen der Menschen, prägen sich tief in ihr Gedächtnis ein. Erst Jahre später erfährt sie, dass diese Deportationen nach Minsk führten – in den sicheren Tod.
Ende Januar 1945 flieht sie vor ihrer eigenen Deportation aus Königsberg, doch ihre Familie entgeht nur knapp dem Tod bei der Eroberung durch die Rote Armee. Ihr Vater wird nach Sibirien deportiert. Die sowjetische Besatzung bringt auch für sie als Überlebende des NS-Regimes weiteren Terror und Gewalt. Nechamas Mutter Martha, ihr Bruder Denny und ihre Großeltern sterben an Hunger und Krankheiten. 1946 flieht sie mit ihrer Schwester Rita nach Kaunas.
Die Suche nach einer neuen Heimat
Fortan heißt Hella »Nechama«, lernt ihren Ehemann kennen und beginnt mit ihm ein neues Leben in dessen Heimatstadt, dem moldawischen Kischinew (Chișinău). Rita folgt. Ihr Deutsch- und ihr Judentum müssen die Geschwister aus Angst verschweigen. In der Sowjetunion beginnt Nechama ein neues Leben, nimmt ihren neuen Namen an und gründet eine Familie. Doch das Gefühl der Heimatlosigkeit bleibt. 1990 versucht sie vergeblich, ihre deutsche Staatsbürgerschaft zurückzuerlangen. Sie zieht nach Israel, wo sie sich jedoch nie heimisch fühlt.
„Königsberg ist meine Heimat und wird es auch immer bleiben“, sagt sie in ihrer Autobiografie. 2012 wird ihre Geschichte unter dem Titel „Ich heiße jetzt Nechama. Mein Leben zwischen Königsberg und Israel“ von der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas neu veröffentlicht. 2018 ist Nechama Drober Ehrengast bei der Einweihung der Synagoge an der historischen Stelle der Neuen Synagoge in Kaliningrad, ehemals Königsberg.
Im Sommer 2023 stirbt Nechama Drober, die letzte jüdische Zeitzeugin der einstigen Hauptstadt Ostpreußens, im Alter von 95 Jahren.