„Und immer auf der Flucht. Und immer auf der Flucht“
Natalin, ein kleines Dorf in Wolhynien in der heutigen westlichen Ukraine, ist der Geburtsort von Frieda Wupperfeld. Hier wird sie 1932 geboren, in einer deutschen Siedlung, die zu jener Zeit in Polen liegt. Ihre Kindheit wird von den Schrecken des Krieges überschattet. Als die Nationalsozialisten 1939 die Deutschen aus Wolhynien umsiedeln, beginnt für ihre Familie eine jahrelange Flucht. Weihnachten 1939 verlassen sie ihre Heimat im Viehwaggon. "Und da war nur Stroh. Keine Sitzgelegenheiten", erinnert sich Frieda.
Ihre Familie, bestehend aus fünf Kindern, landet zunächst in einem Lager in Templin, Brandenburg. Doch schon bald geht es weiter in den „Warthegau“, ein Gebiet im westlichen Polen, wo sie im Dorf Dobruchów auf einem verlassenen Bauernhof angesiedelt werden. "Die Polen wurden rausgeschmissen, wir wurden reingesetzt", erzählt sie. 1945 folgt eine dramatische Flucht, als die Rote Armee näher rückt. Mit einem Pferdewagen ziehen sie nach Westen, bis sie am 13. März Torgau erreichen. Doch die Flüchtlinge werden nicht willkommen geheißen. „Flüchtlinge waren damals nicht beliebt, und sind es leider noch immer“, so Frieda.
In der DDR versucht ihre Familie, ein neues Leben aufzubauen, doch der Zwang zur Mitgliedschaft in der LPG ist ein weiterer schwerer Schlag. 1958, nach Jahren des Widerstandes gegen das SED-Regime, flieht Frieda zum dritten Mal, diesmal ins Rheinland. In Opladen findet sie endlich ein neues Zuhause und gründet eine Familie.
1995 kehrt Frieda mit einer Gruppe von Landsleuten noch einmal nach Wolhynien zurück. Die herzliche Begrüßung durch die ukrainischen Dorfbewohner rührt sie. „Einige haben sich eine Hand voll Erde mitgenommen“. Doch von ihrem Elternhaus gibt es nichts mehr – nur noch der Fliederbaum erinnert an die Vergangenheit. Frieda teilt ihre Erinnerungen 2022 in einem Interview mit dem Dokumentationszentrum. „Und immer auf der Flucht. Und immer auf der Flucht“ – diese Worte über ihre Mutter spiegeln auch Frieda Wupperfelds Leben wider, ein Leben voller Umbrüche und Neuanfänge.