„Einige Tage nach der Befreiung von Lodz durch die sowjetische Armee ging ich mit meiner Mutter in das noch rauchende Gefängnis Radogoszcz, um die Leiche meines Vaters zu finden. Ich sah dort im Gefängnishof eine Menge Leichen, vor allem unter den Trümmern des Gefängnisgebäudes“.
19. Januar 1945: die polnische Stadt Lodz wird durch die sowjetische Armee befreit. Doch kurz zuvor verüben die deutschen Besatzer ein letztes Massaker. In der Nacht vom 17. zum 18. Januar erschießen Polizei- und SS-Mannschaften polnische Häftlinge im Polizeigefängnis (offiziell: Erweitertes Polizeigefängnis und Arbeitserziehungslager) im Stadtteil Radogoszcz. Als diese sich wehren, zünden die Besatzer das Gebäude an und schießen auf die aus den Flammen fliehenden Häftlinge. Bis zu 1.500 polnische Häftlinge verbrennen oder werden von Karabinersalven erschossen. Nur etwa 30 Häftlinge überleben.
Unter den Ermordeten ist auch Edmund Godzwan, der Vater von Maria Iwona Kmieć. Gemeinsam mit ihrer Mutter sucht sie in den verkohlten Trümmern nach den Überresten ihres Vaters. Die kurz zuvor befreite Stadt versinkt in großer Trauer angesichts des Grauens. Heute erinnert ein Mahnmal zusammen mit einer Dauerausstellung am einstigen Tatort an das letzte Kapitel der deutschen Besatzung.
Das Massaker verantwortet Gefängniskommandant Walter Pelzhausen. Seit 1940 leitet er das Gefängnis und ist für seine brutale Willkürherrschaft berüchtigt. Nach seiner Flucht aus Lodz wird er im Juni 1945 in Frankfurt am Main verhaftet. Er wird nach Polen überstellt. In einem Gerichtsprozess wird er im September 1947 zum Tode verurteilt. Am 1. März 1948 wird das Urteil in Lodz vollstreckt