Oral-History-Interviews

An den Medienstationen im Lesesaal können Sie in zahlreichen Zeitzeugeninterviews recherchieren. Wir haben bisher über 60 mehrstündige lebensgeschichtliche Interviews durchgeführt, in denen verschiedenste Dimensionen von Flucht und Vertreibung thematisiert werden. Der lebensgeschichtliche Ansatz ermöglicht es, die subjektive Erfahrung der Zwangsmigration in ein Leben davor und danach einzuordnen und die unterschiedlichen Auswirkungen zu analysieren.

Unsere deutschen Gesprächspartner stammen aus dem Banat, dem Baltikum, der Batschka, Bessarabien, Böhmen, der Bukowina, aus Danzig, Donauschwaben, Mähren, der Neumark, Ostbrandenburg, Ostpreußen, Pommern, Posen, Rumänien, von der Wolga, aus Schlesien, Siebenbürgen, der Slowakei, dem Sudetenland, Ungarn und dem Wartheland.
Wir haben auch Menschen interviewt, die ihre Heimat in Bosnien, Polen, Syrien und Vietnam verlassen mussten.

Einen Einblick gewähren Ihnen die folgenden drei Beispiele.

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Hans Schiller
2019 gab Hans Schiller der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung ein lebensgeschichtliches Interview.© SFVV

Hans Schiller

Hans Schiller wurde am 28. Oktober 1941 in Bütow als Sohn einer litauendeutschen Familie geboren, die 1941 aus ihrer Heimat nach Pommern umgesiedelt worden war. Zu Beginn des Jahres 1945 floh die Familie gemeinsam nach Gotenhafen und anschließend auf unterschiedlichen Schiffen über die Ostsee. Dabei wurden sie getrennt und Hans Schiller sowie seine Mutter Anna kamen nach Kolding (Dänemark). Nach einigen kurzen Aufenthalten in verschiedenen dänischen Flüchtlingslagern gelangten sie in das Lager Öksböl, wo sie bis Oktober 1948 wohnten. Nach drei Jahren der Trennung folgte eine Familienzusammenführung und das erste bewusste Kennenlernen des Vaters sowie des älteren Bruders, die 1945 mit dem Schiff nach Swinemünde gebracht worden waren. Die Familie lebte fortan in Niedersachen. Hans Schiller war es möglich, seinen Schulabschluss zu machen und später eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann zu absolvieren. Seit 1968 lebt er in Berlin.

Ursula Strodt
2018 gab Ursula Strodt der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung ein lebensgeschichtliches Interview.© SFVV

Ursula Strodt

Ursula Strodt (geb. Ruhnau) kam am 23. Juli 1923 in Mensguth in Ostpreußen zur Welt. Die Medizinstudentin war als Wehrmachtshelferin auf dem Flugplatz Heiligenbeil dienstverpflichtet, von wo aus sie, zwei ihrer Schwestern, zwei amerikanische Cousins und die Hausangestellte mit dem Flugzeug nach Danzig fliehen konnten. Sie flohen weiter nach Rheinsberg und lebten mit dem Vater sowie ihrer dritten Schwester in einer ausgebauten Kegelbahn, weil dort Verwandte wohnten und die Mutter bereits Gegenstände dorthin geschickt hatte. Als die sowjetischen Panzer näher rückten, floh Ursula Strodts Familie nach Flensburg. Die Mutter überlebte die Flucht aus Mensguth nicht. Sie starb bei einem amerikanischen Bombenangriff an Bord eines Schiffes im Hafen von Swinemünde am 12. März 1945. Ursula Strodt studierte nach dem Krieg Lehramt und arbeitete bis zu ihrer Pensionierung 1987 in dem von ihr sehr geliebten Beruf. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2020 lebte sie in Osnabrück.

Johann Wann
2014 gab Johann Wann der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung ein lebensgeschichtliches Interview.© SFVV

Johann Wann

Johann Wann wurde am 1. Februar 1928 in Startschowa (Starčevo, Jugoslawien) im Banat geboren. Zusammen mit seinem Vater, seinem Bruder sowie etwa 80 weiteren donauschwäbischen Landsleuten wurde er im Oktober 1944 von Partisanen in ein Gasthaus gebracht, dort mit Schlägen und Tritten traktiert und anschließend in Gruben getrieben, in denen Massenerschießungen stattfanden. Johann Wann überlebte die Exekution und floh auf ein nahegelegenes Feld. Nach der Rückkehr ins Elternhaus spürten ihn die Partisanen erneut auf und schickten ihn in ein sowjetisches Arbeitslager, aus dem er sich mit Hilfe einer Bekannten befreien konnte. 1958 verließ er Jugoslawien und arbeitete in Stuttgart bei einer lufttechnischen Gesellschaft.

Kontakt

E-Mail: interviews@f-v-v.de
Tel. + 49 30 206 29 98-32